Ein interessantes Gerichtsurteil

Wie sieht es mit der Haftung aus,
wenn bei einem Hund nach dem Kauf ein Gendefekt festgestellt wird?


In einem konkreten Fall erwarb Frau Meier bei der Züchterin Frau Kunze (Namen geändert)
per Kaufvertrag einen Welpen.

Eine tierärztliche Untersuchung eine Woche vor der Abgabe
an Frau Kunze hatte keine Hinweise auf eine Erkrankung des Tieres gegeben.

2 Monate später wurde jedoch bei dem Rüden eine Ellenbogengelenksdysplasie (ED) diagnostiziert.
Frau Meier forderte die Züchterin daraufhin erfolglos zur Übernahme der Behandlungskosten auf.
Das Anerbieten der Züchterin, den Hund zurückzunehmen, lehnte Frau Meier ab.
Die ED wurde in der Folge operativ behandelt, wodurch Kosten in Höhe von 2.097,96 EUR
sowie Anwaltskosten in Höhe von 120,34 EUR entstanden.

Das Landgericht stellte fest, dass die beabsichtigte Klage der Käuferin keine Aussicht auf Erfolg habe.
Ihre Forderung:
Zahlung bislang entstandener Mangelbeseitigungskosten,
Verpflichtung zur Übernahme zukünftiger Behandlungskosten
sowie Rechtsanwaltsgebühren.

Über die Frage, ob eine Kaufpreisminderung berechtigt ist, wurde allerdings nicht entschieden.

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Der Antragstellerin Frau Meier steht gegen die Antragsgegnerin Frau Kunze kein Nacherfüllungsanspruch zu.
Die Züchterin ist wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung
weder zur Mangelbeseitigung noch zur Nachlieferung einer mangelfreien Sache verpflichtet.
Auch ein Schadensersatzanspruch steht der Antragstellerin nicht zu.

Die Beseitigung des genetisch bedingten Defektes als Ursache der Erkrankung an ED ist der Züchterin unmöglich.
Dies räumt auch die Antragstellerin Frau Kunze ein. Das gilt auch für die ED, die mittlerweile behandelt worden ist.
Denn auch wenn der Rüde derzeit im Hinblick auf die ED beschwerdefrei sein sollte,
konnte der Hund durch die operative Behandlung nicht in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt werden.
Vielmehr ist die ED trotz des Eingriffs nach wie vor vorhanden
und operativ nicht bzw. nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand zu beseitigen.
Darüber hinaus stellt die Operation der ED einen gravierenden Eingriff dar,
wodurch der Sachmangel nicht ersetzt, sondern durch andere Risiken erkauft worden ist.

Maßnahmen aber, die den körperlichen Defekt eines Tieres nicht folgenlos beseitigen können,
sondern andere, regelmäßig zu korrigierende Risiken erst selbst hervorrufen,
sind nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu einer nachhaltigen Mangelbeseitigung geeignet.


Auch die Lieferung einer mangelfreien Sache ist der Züchterin nicht möglich,
da die Lieferung eines anderen Welpen aufgrund der mittlerweile zu dem Tier hergestellten Bindung
für die Antragstellerin nicht in Betracht kommt.
Die Antragsgegnerin kann damit ihre Verpflichtung zur Lieferung eines mangelfreien Tieres nicht erfüllen,
so dass sie von der Nacherfüllung frei geworden ist.


Die Klägerin kann die geltend gemachten Tierarztkosten auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch stützen.
Dieser setzt voraus, dass die Züchterin schuldhaft
im Hinblick auf das Vorhandensein einer genetischen Störung bei Übergabe des Hundes gehandelt hätte.

Dafür ist jedoch nach dem bisherigen Vortrag nichts ersichtlich.
Zwar wird ein Verschulden vom Züchter grundsätzlich vermutet, anders liegt dies jedoch bei genetischen Störungen.
Allein der Umstand, dass die Züchterin nicht dem VDH bzw. einem diesem zugehörigen Zuchtverband angehört,
kann einen Schuldvorwurf nicht begründen.

Dabei kann dahingestellt bleiben,
ob auch bei den Wurfgeschwistern des streitgegenständlichen Rüden ein Gendefekt vorhanden sein könnte.
Selbst wenn dies der Fall wäre, besagt das noch nicht, dass die Antragsgegnerin
bereits bei Verkauf der Welpen Kenntnis von einer erblich bedingten Störung der Welpen gehabt hat
bzw. diese hätte erkennen können und müssen.

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Häufige Ursachen für ED

Ähnlich wie bei der Hüftgelenksdysplasie,
sind für die Ellbogengelenksdysplasie bei einigen Rassen genetische Dispositionen nachgewiesen.
Das Auftreten der Erkrankung wird außerdem durch Haltung, Bewegung und Fütterung beeinflusst.

So begünstigt beispielsweise zu frühe Beanspruchung des wachsenden Hundes
(extensive Bewegung wie bspw. durch lange Fahrradtouren, zu starkes Herumtollen u.a.)
die Manifestation der Erkrankung.

Auch zu reichhaltige Ernährung während des Wachstums
(zu hohe Gesamtenergiemenge, Zufütterung von Mineralstoffen u.a.)
fördert das Wachstum des Hundes und erhöht damit insbesondere im Alter
zwischen drei und sieben Monaten das Risiko der Erkrankungsentstehung.

Daher sollte bei disponierten Hunderassen eine "kontrollierte" und angepasste Fütterung erfolgen
und extensive Bewegung in dieser Phase vermieden werden.

Quelle:
Prof. Dr. Andrea Meyer-Lindenberg

Was ist ED? - Ellbogengelenksdysplasie (ED) beim Hund.

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Anmerkung:

Tibet Terrier gehören nicht zu den disponierten Hunderassen!

Trotzdem sollten Sie während der Wachstumsphase die vorgenannten Tipps hinsichtlich
Haltung und Fütterung befolgen!

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